zurück zum Content

Login/Registrierung | Häufige Fragen | Newsletter | Kontakt | Impressum

Home > Leben > Leben in Italien

Leben in Italien

Hartmut Ehreke berichtet von seinem Umzug nach Italien und wie es ist dort zu arbeiten.

Autor: Hartmut Ehreke

Ich bin in meiner Jugend oft in Frankreich gewesen und war in meinem Leben nur zweimal in Italien: Einmal am Meer und einmal zum Skifahren.

Von allein wäre ich bestimmt nicht auf den Gedanken gekommen, nach Italien umzusiedeln, wenn meine Freundin nicht zufällig Italienerin wäre.

Wir leben jetzt seit fast einem Jahr zusammen in Bozen, einer hübschen Stadt im zweisprachigen Teil Südtirols. Dieser Umstand war für mich anfangs eine große Hilfe, da ich so gut wie gar kein Italienisch sprechen konnte, als wir hier ankamen. Ich bin schließlich Berliner und spreche Türkisch.

Da meine Freundin Italienerin ist, und wir in Bozen Leute kennen, waren die Wohnungssuche und der Umzug natürlich leichter, als wenn man das alles allein und ohne Kontakte organisieren muss.

Interessant wurde es allerdings, als ich mich nach Arbeit umsah, und ein Vorstellungsgespräch mit einem italienischen Ehepaar aus Cavalese führte, das weder Deutsch noch verhandlungssicheres Englisch als Alternative bieten konnte. Da wird einem schon etwas mulmig, wenn man merkt, wie schwierig die Kommunikation ohne die Sprache wird.

Mir wurde aber versichert, dass mein Arbeitsplatz hier in Bozen sei, wo ohnehin Deutsch gesprochen wird, daher bräuchte ich mir keine Gedanken zu machen.

Da die Verhandlungen aber letztlich sehr glatt liefen und der Projektvertrag wunderbar kurz war, habe ich unterschrieben und landete in einem Projekt voller Freiberufler aus den südlichen Teilen Italiens, von denen keiner auch nur ein einziges Wort Deutsch sprach.

Das hatte dann allerdings den schönen Nebeneffekt, dass ich sehr schnell Italienisch gelernt habe.

Sowas kann man vermutlich nur im Bereich der Informatik abziehen, wo man Internet hat, und Online-Wörterbücher erreichen kann, und wo die Vorgehensweisen schon so weit abstrahiert sind, dass man Software mit derselben Methodik genauso gut für Greenpeace oder Heckler&Koch entwickeln kann.

Auf den Punkt gebracht bin ich also ausgewandert, obwohl ich das nie geplant hatte, lebe jetzt in Italien und habe vom Land noch nicht halb soviel gesehen wie die meisten Deutschen in zwei Wochen Urlaub.
Was kann ich also zum Thema beitragen? Welchen Rat könnte ich denn jemandem geben, der ins Ausland will?

Ich kann letztlich nur ein paar Erfahrungen wiedergeben, die ich in den Monaten hier gemacht habe.

Sicherlich ist man gut beraten, den Einheimischen freundlich und mit Respekt zu begegnen, unabhängig vom Land, welches man bereist. Das erfordert auf Dauer schon etwas Disziplin und Toleranz, denn er bedeutet, nicht nur den freundlichen und klugen Menschen, sondern auch dem einen oder anderen Holzkopp mit einem freundlichen Lächeln einen guten Tag zu wünschen.

Man ist im Ausland schließlich selbst auch ein Ausländer und was man dort tut, steht immer auch repräsentativ für das eigene Volk. Darüber muss man sich im klaren sein.

Es ist daher in zweierlei Hinsicht nicht ganz einfach, denn einerseits wird man selber ab und an für etwas unterbelichtet gehalten, da man die Sprache nicht perfekt beherrscht. Andererseits kann man die Leute nicht so ohne weiteres in ihre Schranken weisen, weil man, wie gesagt, sein Herkunftsland repräsentiert, und mit einem sprachlichen Handicap spielt.

In solchen Situationen muss man halt seinen Stolz auch mal beiseite legen können und sanfte Diplomatie spielen lassen, oder eben einfach locker bleiben.

Wenn man die Sprache nicht beherrscht, und das tut man als Fremder natürlich auch nicht sofort, dann wird man schon mal für leicht begriffsstutzig gehalten, und das natürlich gerade auch von Leuten, die eine derartige Erfahrung selber nie gemacht haben.

Das macht schon mal wütend, aber es beschert einem auch Einsichten, die man in der eigenen Heimat wohl nie entdeckt hätte. Das allein schon macht die Sache wiederum so wertvoll.

Es bedeutet aber auch, dass das wichtigste an der ganzen Angelegenheit die Sprache ist, die man spricht.

Denn die Sprache ist die Visitenkarte, die man herumreicht. Es ist die Schublade in die man gepackt wird und das Kleid, das man trägt. Je besser man versteht und je besser man sich selbst verständlich machen kann, umso besser wird man in der Welt wahrgenommen und behandelt.

Man sollte die Sprache daher niemals so behandeln, wie man's in der Schule gelernt hat: Als grammatisches Konstrukt, das man auswendig zu lernen hat. Man sollte die Musik des Landes hören, Radio und Fernsehen schauen, die Zeitung lesen, und versuchen, die Witze zu verstehen.

Auf eine so glückliche Fügung wie in meinem Speziellen Fall sollte man sich nicht verlassen, und auch mein Italienisch leidet durchaus noch spürbar unter der ziemlich einseitigen Umgebung am Arbeitsplatz. Mir fehlen immer noch Wörter, Begriffe und Redewendungen aus der Politik und Wirtschaft und natürlich der italienischen Kultur.

Aber ganz allgemein, ob nun mit der Freundin oder auf eigene Faust, die Heimat zu verlassen und ins Ausland zu gehen, ist immer eine außergewöhnliche Erfahrung und ich würde jedem dazu raten, sofern sich die Möglichkeit dazu bietet.

Ob das nun unbedingt Italien sein muss, überlasse ich gern dem Leser.



Treffer: 0
eingetragen am: Donnerstag, 18.12.2008

Ihre Rezension Ihre Stimme zu Lesezeichen